Vom 29. Juni 2025 bis 1. Februar 2026 zeigt das Institut Mathildenhöhe Darmstadt die Einzelausstellung Raise the Roof der international renommierten Installations- und Performancekünstlerin Nevin Aladağ (*1972 Van, Türkei, lebt und arbeitet in Berlin). Spielerisch verknüpft Aladağ künstlerische Ausdrucksformen wie Skulptur, Malerei, Textil, Video und Sound zu multimedialen Arbeiten. In den Fokus der Ausstellung werden Werke gerückt, die zwischen 2012 und 2025 entstanden sind – darunter einige neue Arbeiten, die erstmals in einer Museumsausstellung präsentiert werden. Ergänzt wird die Schau durch ortsspezifische Arbeiten, die Nevin Aladağ eigens für die Mathildenhöhe geschaffen hat.

In ihrer künstlerischen Praxis macht sich Nevin Aladağ Strategien der Collage und des Recyclings zu eigen. Fragmente früherer Arbeiten werden in unerwarteten Konstellationen neu zusammengesetzt. Im Experimentieren mit Form-, Material- und Klangeigenschaften definiert die Künstlerin die Grenzen von Gattungen, Körper und Raum neu. Musikinstrumente und Alltagsgegenstände, die ursprünglich für andere Kontexte entwickelt wurden, erfahren eine raffinierte Reinszenierung. In überraschenden, bisweilen humorvollen Verbindungen von Kunst, Musik und Performance erforscht Aladağ das Zusammenwirken von Praktiken und Traditionen verschiedener Kulturkreise. Indem die Künstlerin Musik als mobilste Form der Kunst versteht, eröffnen ihre Arbeiten Perspektivwechsel auf die aktuelle Lebenswelt und gesellschaftliche Zusammenhänge.

Auch der Titel der Ausstellung Raise the Roof verweist auf eine bereits 2007 in Berlin entstandene Arbeit von Nevin Aladağ. Tänzerinnen bewegen sich zu Songs, die für das Publikum nicht hörbar sind. Durch die kraftvollen Bewegungen erzeugen die Stiletto-Absätze ihrer Tanzschuhe einen wahrnehmbaren, rhythmischen Klang. 2017 wurde die Performance, die als Videoarbeit im Ausstellungsgebäude zu sehen sein wird, für die Biennale in Venedig neu in Szene gesetzt. Allerdings geht die Bedeutung des Titels weit über die Arbeit hinaus: Raise the Roof steht nicht nur wortwörtlich für das Anheben eines Dachs, sondern metaphorisch für das Erbeben eines Gebäudes. Es ist ein aktiver, fast performativer Aufruf, der sich in den ausgestellten Werken der Künstlerin widerspiegelt – mal im Klang oder in der Bewegung, mal in den rhythmischen Strukturen ihrer Kompositionen. Indem Aladağ mit den Dimensionen des Ausstellungsgebäudes spielt, lotet sie nicht nur das Potenzial ihrer eigenen Werke, sondern auch dasjenige des Ortes neu aus.

Raise the Roof markiert die erste große Präsentation einer der einflussreichsten Künstlerinnen der Gegenwart seit der Wiedereröffnung des Ausstellungsgebäudes. Nevin Aladağ hat eine ortsspezifische Installation entwickelt, die sich auf besondere Weise mit der Geschichte der Mathildenhöhe Darmstadt auseinandersetzt. Einst Zentrum der Künstlerkolonie Darmstadt war die Mathildenhöhe schon immer ein Ort, an dem Kunst, Design und Architektur, aber auch Musik, Tanz und Theater wechselseitige Verbindungen eingegangen sind. In ihrer künstlerischen Praxis überführt Aladağ die Idee des Gesamtkunstwerks in einen zeitgenössischen Diskurs.

Der Ausstellungsrundgang gleicht einer Choreografie, die sich über Klang und Rhythmus sowie Bewegung und Interaktion entfaltet. Dr. Sandra Bornemann-Quecke, stellvertretende Direktorin des Institut Mathildenhöhe und Kuratorin der Ausstellung erläutert hierzu: „Die Werke von Nevin Aladağ treten in einen spannungsreichen Dialog mit der Architektur von Joseph Maria Olbrich. Im Zusammenspiel von bildender Kunst, Musik und Performance lädt die Künstlerin das Publikum ein, ihre Arbeiten und die Ausstellungshallen sinnlich zu erfahren. Raise the Roof ist nicht nur ein ganz individuelles Kunsterlebnis – die Ausstellung eröffnet Resonanzräume, um zentrale Themen unserer Zeit wie Identität und Gemeinschaft zu reflektieren und neue Perspektiven einzunehmen.“

Weitere Informationen: www.mathildenhoehe.de