Rund 250 Jahre nach seiner Errichtung (1769–1773) kann das Schloss Wörlitz nun vollständig restauriert wieder der Öffentlichkeit präsentiert werden. Zwei Jahrzehnte wurde das Schloss restauriert. 14,2 Mio. Euro flossen in die Maßnahmen. Nun wurde das Bauwerk in Anwesenheit des Ministerpräsidenten des Landes Sachsen-Anhalt, Dr. Reiner Haseloff präsentiert.„Denkmalschutz und Denkmalpflege sind bekanntlich kein Sprint, sondern ein Marathonlauf. Die Restaurierung von Schloss Wörlitz ist dafür ein gutes Beispiel. 20 Jahre hat es gedauert, bis sich das Schloss nun wieder in seiner ganzen Pracht präsentiert.“ so der Ministerpräsident.
Zu DDR-Zeiten waren Instandhaltungsarbeiten nur in sehr eingeschränktem Maße möglich, weswegen über die Jahrzehnte gravierende Schäden entstanden. Nach der politischen Wende wurde mit den vordringlichsten Sanierungsarbeiten begonnen: der Bekämpfung des Echten Hausschwamms und der Instandsetzung des schiefergedeckten Daches. Nach der baulichen Instandsetzung des Schlosses wurden die Raumfassungen der Räume des
Belvedere und der Mezzaninebene restauriert. Zudem wurde die Fassade auf der Grundlage restauratorischer Untersuchungen und bauzeitlicher Beschreibungen komplett restauriert. Dazu zählten auch die Bauteile der Fassade wie Fenster, Portaltüren und Sandsteinelemente. Im vorletzten Bauabschnitt wurden die Räume des Obergeschosses, die Chinesischen Zimmer und der unterirdische Gang restauriert. Die Arbeiten im Obergeschoss dauerten über vier Jahre an und wurden 2017 abgeschlossen. Die Öffnung dieser Etage für den Besucher*innenverkehr stellte einen wesentlichen
Meilenstein dar. Das Obergeschoss war ursprünglich für die engere Hofgesellschaft bestimmt und beherbergte sechs Suiten, die jeweils aus einem Wohnzimmer und einem Schlafzimmer bestanden.
Dass das Gebäude die vergangenen 250 Jahre nicht unbeschadet überstanden hatte, zeigte sich auch in den Interieurs dieser Räume. Man hatte 1818 und 1883 Anpassungen im Stil der Zeit vorgenommen; einzelne Räume wurden in der DDR-Zeit neu gestaltet. Überwiegend fand sich aber eine düstere, stark beschädigte Übermalung aus dem Ende des 19. Jahrhunderts. Diese Überfassung stand in ganz erheblichem Widerspruch zur hellen Farbigkeit Erdmannsdorffs, die in allen Räumen vollständig unter der Übermalung nachweisbar war. Zusammen mit den großen auf die Wand gemalten Veduten von Reiseeindrücken aus Italien, dem Schmuck der 160 gerahmten Kupferstiche und dem umfangreich erhaltenen originalen Mobiliar gab diese Befundsituation den Ausschlag dafür, Verfremdendes zurückzunehmen und die zarte frühklassizistische Wandfarbigkeit wieder zum Vorschein zu bringen. Konserviert wurde auch das Mobiliar der Etage.
Schloss Wörlitz
Das Schloss war 1769 bis 1773 unter dem Fürsten Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau (1740–1817) errichtet worden. Der Baumeister Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff (1736–1800) schuf mit diesem „Landhaus“ den Gründungsbau des deutschen Klassizismus; dies war ein wichtiger Grund für die Aufnahme des Gartenreiches Dessau-Wörlitz in die Weltkulturerbeliste der UNESCO. Das „neue Haus“, wie es der Bauherr Fürst Franz mit Understatement nannte, war schon zu Lebzeiten des Landesherrn für alle Besucher*innen nach Anmeldung beim Kastellan zugänglich.
Das Schloss stellt eine revolutionäre baukünstlerische Leistung dar. Nicht mehr ein dynamisch gegliederter barocker Baukörper mit geschwungenen Fassaden und reicher plastischer Dekoration tritt uns entgegen, sondern die einzelnen Bauteile sind wieder klar begrenzt, die Wände als Flächen betont, die Dekoration ist maßvoll. Als getreue Schüler Johann Joachim Winckelmanns (1717–1768) haben sich Fürst Franz und Erdmannsdorff
sehr an die Wiederaufnahme der antiken Motive gehalten.
Weitere Informationen: www.gartenreich.de